Von Isabella Kaiser
Am 1. September 2018 ist das neue Arbeitszeitgesetz in Kraft getreten, das eine maximale Arbeitszeit von 12 Stunden täglich und 60 Stunden in der Woche ermöglicht.
Genau genommen handelt es sich dabei um §5 des Arbeitszeitgesetztes unter dem Titel “Verlängerung der Normalarbeitszeit bei Arbeitsbereitschaft” (https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008238)
Vom Prinzip “8-8-8”, also 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit, 8 Stunden Schlaf, für das die Gewerkschaften über Generationen hinweg gekämpft haben, ist keine Rede mehr.
Da sich jede gesellschaftliche und politische Veränderung früher oder später im System “Schule” niederschlägt, das ein Spiegel der sozialen und politischen Realität ist, wird sich auch dieses Gesetz auf uns und unsere Arbeit auswirken. Dass es weder für die Kinder und Jugendlichen leichter wird, wenn ihre Eltern bis zu 60 Stunden in der Woche arbeiten, noch für uns Lehrerinnen und Lehrer, ist nahe liegend – v.a. dann , wenn, wie es derzeit der Fall ist, flächendeckende, professionelle Betreuungseinrichtungen für die jüngeren Kinder fehlen. Dass es in solchen Fällen hauptsächlich die Frauen sind, die auf ihre Berufstätigkeit, ein eigenes Einkommen und eine eigene Pension, von der sie auch leben können, verzichten, ist auch eine Tatsache…
Von Mitgliedern der Bundesregierung wurden die neuen Bestimmungen immer wieder damit gerechtfertigt, dass einerseits viele Menschen gerne mehr als 10 Stunden täglich arbeiten möchten und andererseits damit, dass diese ja auch für die Beschäftigten eine flexiblere Zeiteinteilung brächten, z.B. die Möglichkeit nur 4 Tage in der Woche zu arbeiten. Überdies wurde stets auf die – in Gesetzestext verankerte – Freiwilligkeit der 11. und 12. Stunde täglich verwiesen.
Warum man für eine Flexibilisierung der Arbeitszeit im Sinne der Arbeitnehmer/innen allerdings die tägliche Höchstarbeitszeit hinaufsetzen musste, ist unklar, denn in 4 Tagen hätte man auch beim Maximum von 10 Stunden täglich die Normalarbeitszeit von 40 Stunden in der Woche erreicht – flexible Arbeitszeitmodelle waren auch bisher nicht verboten.
Was die Freiwilligkeit betrifft, lohnt sich ein zweiter Blick, bei dem man feststellen kann, dass es bereits einen Gesetzesentwurf gibt, der das Kumulationsprinzip in Verwaltungsstrafverfahren aufheben soll, nach dem jede betreffende Gesetzesübertretung einzeln geahndet und bestraft wird. Ab 2020 würde eine mehrfache Übertretung desselben Bestimmung, z.B. des Arbeitszeitgesetzes nur noch in einem einzigen Fall bestraft werden.(https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/963950_Kumulationsprinzip-endet-2020.html; https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/ME/ME_00049/index.shtml)
Dass in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und eines hohen Mechanisierungs- und Automatisierungsgrades eine Arbeitszeitverlängerung aber anachronistisch und volkswirtschaftlich wenig sinnvoll ist, das haben seit J.M. Keynes schon zahlreiche Ökonomen postuliert.
Geht man davon aus, dass eine Volkswirtschaft dank jener Menschen floriert, die nicht nur Geld verdienen, sondern dieses auch aus- und dem Wirtschaftskreislauf zurückgeben, indem sie konsumieren, was den Unternehmer/innen zu Gute kommt, die mehr Arbeitskräfte benötigen, was wiederum die Arbeitslosigkeit senkt…
Wird nun menschliche Arbeitskraft durch Maschinen ersetzt, so wird dieser Kreislauf unterbrochen und die Gewinne bleiben ausschließlich bei den Unternehmen, was die soziale Ungleichheit erhöht, Arbeitslosigkeit fördert und langfristig zu einem Konsumrückgang und zu einem verminderten Steueraufkommen führt – denn es sind die Arbeitnehmer/innen, die den Großteil der Steuerleistung erbringen.
Würde man hingegen eine Arbeitszeitverkürzung andenken, etwa auf 35 Stunden – auch bei Lohnausgleich – hätten mehr Menschen Arbeit und der Wirtschafskreislauf würde langfristig aufrecht erhalten – und zwar zum Wohle aller Interessensgruppen.
Frei nach dem Motto: ” Geht`s uns allen gut, geht`s der Wirtschaft gut”