Von Michael Zahradnik
Am Sonntag, dem 6.Mai, ist Wolfgang Meidl in seiner Wohnung verstorben.
Wolfgang war einer unserer prononciertesten Vertreter im Wiener Fachausschuss (seit 1997) und in der Bundesleitung der AHS-Gewerkschaft.
Als er im Mai 1997 von unseren Wiener Vertrauensleuten in den Wiener Fachausschuss gewählt wurde, sah er es als seine Hauptaufgabe „die Erinnerung und Einforderung sozialdemokratischer Werte und Ideen, die ja plötzlich nicht nur in der sogenannten freien Wirtschaft verschwinden“ an. Und da hatte er in den Folgejahren reichlich zu tun, denn die Bildungspolitik war und ist seither vor allem von einem Motto geprägt: Einsparen! Wolfgang hat sich dem stets streitbar und wortreich entgegengestemmt, er war ein Kämpfer und nie um ein scharfes, offenes Wort verlegen – und es war ihm egal, welcher Couleur die Person war, die gerade im Unterrichtsministerium residierte.
Von 2000 bis 2009 war er Chefredakteur von “ahs-aktuell”, unserer Zeitung, der er mit seinen spitzfedrigen Artikeln seinen Stempel aufdrückte. In seiner satirischen Serie „Lehrergeneration X“ hielt er den schleichenden Veränderungen an unserer Schule einen oft bitterbösen Spiegel vor.
Wolfgang war ein Mensch mit komplexen Fähigkeiten, vielfältig interessiert, hochintellektuell und hochsensibel. Auf der Bühne seiner Schule sang er einen hinreißenden Eddie in der „Rocky Horror Show“ – und duellierte sich dabei musikalisch mit einem späteren Landesschulinspektor, der den Frank’n Furter gab.
Wolfgang war ein Typ mit Ecken und Kanten, mit dem man sich köstlich amüsieren, aber auch saftig streiten konnte. Er konnte Hegel ebenso zitieren wie die wichtigsten Besetzungen der Deep Purple während ihrer Glanzzeit. Wir haben lange Nächte gemeinsam gesungen, geblödelt, aber auch intensiv über die Schule, so wie wir sie uns wünschten, diskutiert. Dabei war er oft ein wichtiger Anreger, aber auch oft ein widerspenstiger Reibebaum und damit ein wichtiges Korrektiv. Wir haben manchmal fast im Alleingang unsere Zeitung geschrieben und herausgegeben. Wolfgang war oft heftig, vor allem aber heftig engagiert. Er war ein harter Kritiker, aber dabei immer niveauvoll und enorm kompetent. (Und damals war „Kompetenz“ noch eine Auszeichnung und kein oft sinnentleertes Allzweckvokabel, dass der Lehrerschaft irgendwann nur mehr auf die Nerven ging.)
Wolfi Meidls Schmäh war berühmt und ätzend. Wenn ich bei einem Schulungsseminar ein Referat zu halten hatte, konnte seine Anmoderation schon einmal so ausfallen:“Wir haben die profundesten und kompetentesten Referenten eingeladen. — Leider hatten die keine Zeit, darum redet jetzt der Michi Zahradnik!“ Wir haben damals Schulter an Schulter gegen Sparpakete angekämpft und uns damit bei diversen roten BildungspolitikerInnen reichlich unbeliebt gemacht. Wolfgang war ein harter Kritiker, aber dabei immer niveauvoll und enorm kompetent. Und damals war „Kompetenz“ noch eine Auszeichnung und kein Allzweckvokabel, das der Lehrerschaft irgendwann nur mehr auf die Nerven ging.
Denn Wolfgang war nie ein bequemer Parteisoldat, und wir teilten des Öfteren ein gewisses Unverständnis bzw. eine gewisse Verzweiflung über das, was aus sozialdemokratischer Bildungspolitik geworden war. In den letzten Jahren teilten wir leider auch ein gewisses Unverständnis füreinander.
Ich werde Wolfgang stets als engagierten und unerschrockenen Gewerkschafter in Erinnerung behalten, als Unbequemen, der sich kein Blatt vor den Mund nahm, sondern mit deftigen, aber geschliffenen Worten seine Kritik formulierte. Er wird fehlen – und das nicht nur seiner Familie, der unsere tiefe Anteilnahme gilt.
Rest in peace, Wolfi.
Gäbe es einen Himmel, dann säßest du wahrscheinlich jetzt bei Brian Jones und Jimi Hendrix, würdest einiges mit ihnen trinken und singen und unendlich viel Zeit haben, all die Bücher zu lesen, die du trotz aller Anstrengungen doch nicht mehr lesen konntest.