Sehr geehrter Herr Minister Polaschek,
in Replik auf Ihr Interview mit Martin Thür in der ZIB 2 vom 27.03.2023 um 22 Uhr möchten wir einige Aussagen nicht unkommentiert lassen. Sowohl als Lehrer:innen als auch als gewerk-schaftliche Vertreter:innen sind wir durchaus irritiert von manchen Behauptungen.
Sie meinen, dass es keine sogenannten Kettenverträge mit neu angestellten Lehrer:innen gibt. Dieser Aussage müssen wir vehement widersprechen! Aus zumindest sieben Bundesländern können wir als gewerkschaftliche Vertreter:innen von vielen gegenteiligen Beispielen berichten, dass beinahe jede Neuanstellung mindestens drei Jahre mit sogenannten Kettenverträgen angestellt werden. Wir fordern Sie daher auf, die rechtlich bedenkliche Situation rasch zu bereinigen und die Kolleg:innen nach einem Jahr mit unbefristeten Verträgen anzustellen.
Weiters haben Sie in dem Interview gemeint, dass der Lehrer:innenmangel nicht absehbar war. Wir möchten dabei auf die demografische Situation hinweisen – die sogenannte Babyboomer-Generation geht nicht überraschend seit einigen Jahren (und eben weiterhin die nächsten ca. 5 bis 10 Jahre) in Pension. Dies ist bereits seit Jahrzehnten bekannt. Es hat sich weder das Pensionsantrittsalter noch haben sich andere Rahmenbedingungen geändert. Inwiefern sich die Corona-Pandemie, so wie Sie sagen, auf die Pensionsantritte ausgewirkt haben soll, entzieht sich unserer Kenntnis. Auch Ihre Aussagen im Interview haben dazu keinen Aufschluss gegeben.
Zudem sprechen Sie die Verkürzung der Lehrer:innenausbildung an, um Lehrpersonen schneller in den Schuldienst zu bekommen. Dabei hat es uns besonders verwundert, dass Sie, nachdem Sie die „Lehrer:innenausbildung Neu“ mitgestaltet haben und die Ausbildungszeit dabei verlängert haben, nun der Meinung sind, dass in der gleichen Qualität eine Ausbildung mit einem Jahr weniger als positiv bewerten. Hier möchten wir ebenso vehement widersprechen. Bis vor ca. 10 Jahren war eine Studiendauer von neun Semester obligat, nun kann man nach dem Bachelor mit 8 Semestern unterrichten und zukünftig scheint es für Sie kein Problem, wenn man schon nach 6 Semestern in der Klasse steht. Diese offensichtliche Qualitätsminderung wollen und können wir nicht hinnehmen. Jungen Menschen sollte so viel Zeit wie möglich für die Transformation vom Lernenden zum Lehrenden gegeben werden.
In diesem Zusammenhang muss auch auf die im Interview nicht angesprochene Problematik der Vereinbarkeit vom berufsbegleitenden Masterstudium und dem Unterrichten hingewiesen werden. Bitte sprechen Sie mit Kolleg:innen, die diese Doppelbelastung stemmen müssen und hören Sie sich deren Probleme an. Neben dem massiven Belastungsproblem muss seitens des Ministeriums auch auf die Ausbildungseinrichtungen eingewirkt werden, dass Lehrveran-staltungen und Prüfungen, die reihenweise am Vormittag (bzw. während der Arbeitszeit der Lehrenden) angesetzt sind, keine (rasche) Absolvierung des Masterstudiums zulassen.
Zuletzt möchten wir Sie noch darauf hinweisen, dass eine Änderung der Klassenschüler-höchstzahlen insofern nicht möglich ist, da diese Höchstzahlen nicht mehr existieren. Diese wurden in die Autonomie der Schulen übergeben.